08.06.23 | 20:00

Film: Die Nordkalotte

Werkleitz Festival 2023
www.mein-schatz.werkleitz.de
Kleine Ulrichstraße 22, Zazie Kino Halle

Nordkalotte wird in Skandinavien die raue, karge, aber auch faszinierende Landschaft am äußersten Rand Europas genannt: das Grenzgebiet von Norwegen, Schweden, Finnland und Russland. Hier siedeln die einst nomadischen Samen mit ihren Rentierherden. Peter Nestlers Die Nordkalotte ist ein Dokumentarfilm über Geschichte, Traditionen und Naturverständnis der Samen. Sie haben über Jahrhunderte gelernt, ihre Bedürfnisse auf die klimatischen Bedingungen des Polarkreises einzustellen. Die Samen sind heute eine Minderheit im eigenen Land, viele arbeiten in modernen Berufen, leben in Städten, während die natürlichen Lebensgrundlagen der Region zunehmend verloren gehen. Staudämme wurden errichtet, um Strom zu gewinnen. Wälder bedenkenlos gerodet. Riesige Bagger durchwühlen die Erde nach Erz und Nickel, kehren das Unterste zuoberst. Nestler rechnet mit der Industriegesellschaft ab, die die entlegensten Regionen mit Großprojekten überzieht und das ökologische Gleichgewicht dem Profitkalkül opfert. Doch dem nicht genug: Als der Reaktor von Tschernobyl im April 1986 barst, erreichten seine nuklearen Giftfrachten auch den hohen Norden. Wie in vielen seiner Filme stößt Nestler auch hier auf die Spuren des Zweiten Weltkriegs. Erzählt wird von einer erfolgreichen Flucht vor den Deutschen. Am Ende schlägt Die Nordkalotte noch einmal den Bogen zum Umgang der Samen mit der Natur, der nicht auf deren Unterwerfung zielt, sondern auf eine spirituelle Harmonie zwischen Mensch und Schöpfung.

Anschließendes Publikumsgespräch mit Tobias Holzlehner (MLU Halle-Wittenberg) und Judith Miggelbrink (TU Dresden), moderiert von Florian Wüst