07.07.2011 | 18:00

Ödipus auf Sokotra. Versuch einer tiefenpsychologischen Deutung der Aufstände in der Arabischen Welt

Dr. Michael Roes [Schriftsteller und Filmemacher]

Zentrum für Interdisziplinäre Regionalstudien - Vorderer Orient, Afrika, Asien
Löwengebäude, HS XIV
Universitätsplatz
06108 Halle

Die meisten Politologen, Arabisten und Islamwissenschaftler haben die gegenwärtigen Aufstände in der Arabischen Welt nicht vorhergesehen, vielleicht nicht vorhersehen können, weil ihre Analysen oftmals auf ökonomische Rahmenbedingungen oder soziale und demographische Entwicklungen etc., also auf das eigene disziplinäre Feld begrenzt sind. Michael Roes versucht in seinem Vortrag eine interdisziplinäre und tiefenpsychologisch orientierte Deutung des Aufruhrs.

Michael Roes (geb. 1960) arbeitete nach dem Studium der Psychologie, Philosophie und Germanistik als Regie- und Dramaturgieassistent an der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin. Mehrere Reisen führten ihn nach Israel. 1991 promovierte er mit einer Studie zum Sohnesopfer (Jizchak), 1993 wurde er Fellow am Budapester Institute for Advanced Studies. Forschungsaufenthalte im Jemen (ethnologisches Forschungsprojekt 1994 -1995), im Nahen Osten und Amerika führten zu viel beachteten Werken wie dem ethnopoetischen Roman Rub’ al-Khali. Leeres Viertel, für den er den Bremer Literaturpreis erhielt, dem Roman Der Coup der Berdache oder dem literarischen Reise-Essay Haut des Südens (2000).

Im Jahr 2000 drehte Roes in New York und im Jemen seinen ersten Spielfilm Someone is Sleeping in my Pain, einen arabischen Macbeth. Während mehrerer Algerien-Aufenthalte entstanden der Roman Weg nach Timimoun, das Radio-Feature und der Film Stadt des Glücks, eine Dokumentation des Alltags algerischer Jugendlicher und der Spielfilm Timimoun, eine algerische Orestie.

2004 und 2006 erarbeitete Roes im Rahmen einer Gastprofessur an der Central European University in Budapest mit Studenten u. a. seinen Filmessay Phädra Remade und seinen letzten Spielfilm Elevation. 2007 war er für drei Monate in China, um für sein Romanprojekt Die fünf Farben Schwarz zu recherchieren. 2010 erschien sein bislang letzter Roman Geschichte der Freundschaft. 2006 erhielt Michael Roes für sein Gesamtwerk den Alice-Salomon-Poetik-Preis.