07.07.2016 | 16:15

Kreativität, Interaktivität und die verborgenen Strukturen der Macht – Ein Blick auf das Museum 2.0 mit Foucaults Augen

Ringvorlesung „Museum 4.0 - Herausforderungen an kulturelles Erbe in der digitalen Welt“

Swen Seebach [Universitat Oberta de Catalunya]

Kooperation des ZIRS, des Instituts für Soziologie, der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, Juristischer Bereich, und des Seminars für Ethnologie
Melanchthonianum, Hörsaal XX
Universitätsplatz 8/9
06108 Halle

Studien des Museums als Dispositiv der Macht in der modernen Gesellschaft sind nicht neu. Dank Foucaults Konzeptualisierung der Regierungspraxis durch disziplinäre Institutionen, welche die Grenzen hüten, haben sich einige Autoren wie Tony Bennett und Douglas Cramp an eine erste Analyse des Museums als Hüter der modernen Ordnung gewagt. Das Museum als Institution stellt nicht nur das Außergewöhnliche oder Exotische aus und markiert so klar einen Unterschied zwischen Innen und Außen, zwischen Normalität und dessen Jenseits – die Mechanismen des Museums, die Art und Weise, wie Objekte angeordnet und präsentiert werden, repräsentieren und vergegenständlichen auch den Charakter und die Form von Macht in der modernen Gesellschaft. Das Museum spiegelt sozusagen moderne Macht und Machtmechanismen wieder und wirft sie auf das Subjekt zurück, welches als Besucher die gesellschaftlichen Grenzen durchläuft. Macht verläuft im Museum in dieser ersten traditionellen Form unidirektional von der Institution durchs Werk zum Zuschauer. In der Ära 4.0 hat sich das Aussehen und die Vermittlungsform des Museums verändert. Dies soll jedoch nicht heißen, dass sich die grundsätzliche Rolle des Museums in der Gesellschaft geändert hat. Der Vortrag wird mit Foucault an einigen Beispielen argumentieren, dass das Museum mit seiner Einbindung von Kreativprozessen der Museumsbesucher und der Aufnahme von Interaktionen mit Kunstwerken keineswegs ausschließlich Besucher eine souveräne Rolle zuspielt oder sie bemündigt. Im Gegenteil soll argumentiert werden, dass das Museum in seiner neuen Funktion neoliberalistische Formen der Macht legitimiert sowie unreflektiert und ohne Sicht auf moralische oder ethische Grenzen mit persönlichen Daten spielt.

Dr. Swen SEEBACH hat ein multidisziplinäres Profil mit einem speziellen Interesse in Soziologie und Kommunikationswissenschaften. Seine Dissertations- und Postgraduiertenforschung kombiniert Themen der Soziologie, Politik, Kommunikation, Technologie, Anthropologie und Philosophie. Sein derzeitiges Hauptforschungsgebiet sind Emotionen und soziale Dynamiken. Er ist Postdoctoral Researcher am Arts and Humanities Department, Universitat Oberta de Catalunya in Barcelona.