30.06.2016 | 16:15

Indexfilm, Datenbank und Touchscreen: Digitale Erschließung von Sammlungsbeständen am Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen in Halle (Saale)

Ringvorlesung „Museum 4.0 - Herausforderungen an kulturelles Erbe in der digitalen Welt“

Frank Steinheimer [MLU Halle-Wittenberg]

Kooperation des ZIRS, des Instituts für Soziologie, der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, Juristischer Bereich, und des Seminars für Ethnologie
Melanchthonianum, Hörsaal XX
Universitätsplatz 8/9
06108 Halle

Das Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen (ZNS) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg besitzt neben den äußerst umfangreichen naturwissenschaftlichen Objektsammlungen von ca. 5.3 Millionen Einzelposten auch große Bestände an historischem Lehrmaterial in vier Objektgattungen: Eine Fotoglasplattensammlung, eine naturwissenschaftliche Lehrtafelsammlung, eine Physikgerätesammlung und eine Sammlung von etwa 150 Lehrmodellen.

Während die rein wissenschaftlichen naturkundlichen Sammlungen klassischerweise über Inventarbücher und die Aufstellungssystematik sowie digital in Datenbanken (außer Insekten) sehr gut erschlossen sind, stellt sich die Situation bei den Lehrmitteln komplizierter dar, weil hier Nutzer außerhalb der spezifischen Fachdisziplin die Masse an Forschungsfragen an die Sammlungen stellen. Eine Erschließung z. B. über eine zoologische Systematik würde hier keinen barrierefreien Zugang schaffen. Die jeweilige Erschließung der Lehrmittel erfolgt daher forschungs- und sammlungsspezifisch, die ‚Vermarktung’ für Forschungsvorhaben auf ganz unterschiedliche Weise.

Die Fotoglasplatten werden über einen Indexfilm und eine Printpublikation auch außerhalb der Naturwissenschaften durch Kurzfilmfestivals und Museumsshops bekannt gemacht. Forschungspotential wird hier in den Kulturwissenschaften wie auch der Wissenschaftsgeschichte und Tierzucht gesehen. Die Lehrtafeln werden web- und touchscreenbasiert über eine digitale Plattform aufgearbeitet. Je nach Interessensrichtung können unterschiedliche Pfade an Information angesteuert werden. Einige der Tafeln gehen digital wieder in die fachspezifische Lehre ein, aber durch Rekontextualisierung können Tafeln auch in Fachbereichen wie in den Kulturwissenschaften, Konservierung, Gestaltung, Farblehre und Didaktik erörtert werden. Die Physikgerätschaften werden auf der Basis einer Datenbank katalogisiert, die gezielt an Einrichtungen mit ähnlichen Beständen und/oder Forschungsinteressen ausgesandt wird – die Forschungsfragen drehen sich hier um Hersteller, Versuchsaufbauten und Didaktik der Physik. Die Lehrmodelle werden von Profifotografen um ihrer Ästhetik willen in Bildbänden illustriert. Sie sind v.a. Identifikationsstifter einer fundierten, traditionsreichen Lehreinrichtung. Aus der aktiven Lehre sind die meisten Modelle ob ihres Wertes bewusst ausgesondert und durch neue Modelle ersetzt worden, so dass die Objekte aus dem 19. Jahrhundert kustodial besser betreut werden können.

Dr. Frank STEINHEIMER studierte Biologie, Zoologie und Ökologie an den Universitäten Erlangen und Wien. 2005 promovierte er im Schnittfeld Wissenschaftsgeschichte und Ornithologie an der Universität Rostock. Von 1998-2002 war er Kurator am Natural History Museum London/Tring, von 2002-2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Museum für Naturkunde Berlin. Seit 2008 ist er Projektleiter und seit 2010 Leiter des Zentralmagazins Naturwissenschaftlicher Sammlungen in Halle.