17.12.2015 | 16:15

Engel, Dämonen und die Weisheit Salomos: Äthiopische Zauberrollen und ihre ideengeschichtlichen Voraussetzungen

Ringvorlesung "Von Salomons Enkeln und Rastafaris: Äthiopien und seine Kulturen"

Alexander Schilling [Jena]

Orientalisches Institut (OI) und Zentrum für Interdisziplinäre Regionalstudien (ZIRS) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Gefördert durch die Johann-Wilhelm-Fück-Stiftung am OI und das ZIRS
Melanchthonianum
Hörsaal XX
Universitätsplatz 8/9
06108 Halle

Wie die religionswissenschaftliche Forschung der letzten hundertfünfzig Jahre zeigt, scheint sich das Thema „Magie“ nach wie vor gegen einen adäquaten wissenschaftlichen Zugriff zu sträuben. Die ideengeschichtlichen Voraussetzungen können indessen klarer umrissen werden, was sich besonders deutlich am Beispiel der äthiopischen Zauberrollen zeigen lässt. Um das letztlich Unkontrollierbare einer rituellen Kontrolle zu unterwerfen, ist die Fähigkeit eines Ritualspezialisten zur Kommunikation mit dem Bereich des „Göttlichen“ erforderlich; zu den Voraussetzungen gehören eine charismatisch abgesicherte theurgische und thaumaturgische Begabung, wie sie die radikale Nachfolge Christi gewährleisten kann, ferner die Kenntnis der Namen von Engeln und Dämonen als Werkzeuge der göttlichen Providenz, wie sie die „verborgene“ (apokryphe) alttestamentliche Literatur tradiert, und schließlich die geschichtstheologische Verankerung des gesamten Vorstellungskreises: handelt es sich doch letztlich um die „Weisheit Salomos“, die durch besagte Ritualspezialisten praktiziert wird – eine Weisheit, die mit der „Königin von Saba“ und den mit Salomo gemeinsamen Sohn Menilek bereits tausend Jahre vor der Menschwerdung Gottes nach Äthiopien gekommen sein soll.

Zur Person:
Alexander M. SCHILLING, Studium der Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients, der Islamkunde, der mittelalterlichen Geschichte sowie der (mittel-)lateinischen Philologie (Universität Tübingen; Promotion 2004); 2015 Habilitation an der Universität Jena. Durch Stipendien geförderte Studien u. a. äthiopischer Handschriften an zahlreichen Bibliotheken. Ab 2000 chercheur associé am Institut français des Études Arabes de Damas, wissenschaftlicher Angestellter am CEBHEM / Orientalisches Seminar, sowie an der Abteilung für Religionswissenschaften / Seminar für Indologie und vergleichende Religionswissenschaften (Universität Tübingen); zuletzt am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte der Universität Jena. Seit 2015 Lehrtätigkeit an den Universitäten in Jena und Halle (Mittelalterliche Geschichte und Christlicher Orient).